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Stadtgeschichte

Warum war Hannover Hansestadt?

Carola Piepenbring-Thomas erforscht im Stadtarchiv die Geschichte der Hansestadt Hannover.

Carola Piepenbring-Thomas erforscht im Stadtarchiv die Geschichte der Hansestadt Hannover.

Frau Piepenbring-Thomas, Hannover hat sich um die Mitgliedschaft in der Neuen Hanse beworben, einem Traditionsbund ehemaliger Hansestädte. In der kommenden Woche geht im Sprengel-Museum schon mal die Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins über die Bühne. Mal ehrlich: Hansestadt Hannover? Wir liegen doch nicht am Meer!

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Die meisten Hansestädte lagen nicht am Meer; im Mittelalter gehörten dem Städtebund vor allem Binnenstädte an – auch wenn die Erinnerung daran in Orten wie Hannover oder Bielefeld über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten ist. Mit der Bewerbung um die Mitgliedschaft in der Neuen Hanse, der 192 Städte in 16 Ländern angehören, wendet sich Hannover also einem kaum erforschten Stück seiner Geschichte zu.

Wenn Hannovers Hanse-Zeit in Vergessenheit geraten ist, kann diese doch nicht so bedeutend gewesen sein …

Für Braunschweig war die Hanse-Mitgliedschaft sicherlich prägender, doch auch in Hannover setzte die Hanse wichtige Impulse: Es gab Händler, die international vernetzt waren und fremde Kulturen kennen lernten.

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Was bedeutete die Hanse-Mitgliedschaft denn konkret?

Schon 1295 lassen sich hannoversche Kaufleute im fernen Nowgorod nachweisen. Dort kauften sie Häute und Pelze. Von Hannover aus trieben Kaufleute Fernhandel mit halb Europa, sie exportierten Leinwand nach London und importierten Heringe aus Schweden. Zahlreiche Quellen belegen, dass es viele Luxusgüter in der Stadt gab - teure Stoffe, Pelze, Geschmeide. Wirtschaftlich und kulturell profitierte die Stadt von der Hanse – und auch politisch: Bei Hansetagen lernten Hannoveraner demokratische Abstimmungen kennen. Das Selbstbewusstsein der Bürger gegenüber den Landesherren dürfte das alles eher gestärkt haben.

Trotzdem schied Hannover um 1620 bei der Hanse aus. Warum dieser „Hexit“?

Hannover war da kein Einzelfall. Viele Städte zogen sich in dieser Zeit aus der Hanse zurück, aus vielfältigen Gründen. Die aufstrebenden Fürsten stutzten den Spielraum der Städte zurecht, es begann der Aufstieg der großen Kompanien, die mit Unterstützung von Königen globalen Fernhandel trieben. Hannover hatte um 1620 immense Schulden bei der Hanse, weil die Stadt ihre Beiträge nicht mehr bezahlt hatte.

War die Hanse-Mitgliedschaft Hannover nichts mehr wert?

Im Stadtarchiv habe ich rund 500 Dokumente zu Hannovers Hanse-Mitgliedschaft gesichtet. Sie belegen, dass die Ratsherren immer wieder Abwägen mussten zwischen dem Nutzen und den Kosten der Hanse – und um diese Zeit sah Hannover den Nutzen offenbar nicht mehr. Die Struktur der Hanse hatte sich überholt. Und Hannover wurde bald darauf Residenzstadt der Welfen.

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Carola Piepenbring-Thomas ...

... ist promovierte Historikerin und Expertin für Hannovers Stadtgeschichte des 16. Jahrhunderts. Seit einem Jahr erforscht die Mitarbeiterin des Stadtarchivs die Hanse-Vergangenheit Hannovers. Im Rahmen der 135. Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins, die mit Vorträgen und Diskussionen vom 10. bis 13. Juni im Sprengel Museum stattfindet, hält sie am 11. Juni um 18 Uhr einen Vortrag über Hannover als Hansestadt. Infos unter (05 11) 16 84 21 73.

Von Simon Benne

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