Der tschechische Regierungschef Andrej Babiš hat eine Vertrauensabstimmung über seine Minderheitsregierung im Parlament verloren. Die Regierung des umstrittenen Multimilliardärs erhielt 78 Jastimmen und 117 Gegenstimmen, wie Parlamentspräsident Radek Vondráček mitteilte. Eine Vertrauensabstimmung ist in Tschechien üblich – jede neue Regierung muss sich ihr innerhalb von 30 Tagen nach Ernennung unterziehen.

Babiš' bürgerliche Partei Ano (Ja) hatte bei der Wahl im Oktober 78 der 200 Sitze erhalten und war damit stärkste Kraft geworden. Keine der übrigen acht im Parlament vertretenen Parteien wollte aber eine Koalition mit Ano eingehen, im Dezember bildete er daraufhin eine Minderheitsregierung. In der vergangenen Woche stellte er dann die Vertrauensfrage, die Entscheidung wurde aber nach achtstündiger Debatte vertagt.

Babiš soll zweite Chance erhalten

Ermittler werfen Babiš vor, als Großunternehmer vor einigen Jahren den Besitz eines Wellness-Resorts verschleiert zu haben, um an EU-Subventionen für kleine und mittelständische Firmen zu gelangen. Ein Bericht des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung hatte ebenfalls Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Für den Ministerpräsidenten ist "diese Affäre frei erfunden". In einem Interview im tschechischen Rundfunk sagte er, "es war kein Betrug, und es gibt keinen einzigen Beweis". Nach einer ersten Anhörung des Immunitätsausschusses hatte er selbst die Aufhebung seiner Immunität gefordert, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ausräumen zu können. Sein vorheriges Amt als Finanzminister hatte er deshalb bereits im Mai abtreten müssen.

Dass Babiš die Vertrauensabstimmung verlieren würde, war deshalb erwartet worden. Für diesen Fall hatte ihm aber Präsident Miloš Zeman, der sich derzeit um eine weitere Amtszeit bemüht, bereits eine zweite Chance zur Regierungsbildung zugesichert. Gemäß Verfassung müsste die Regierung jedoch ihren Rücktritt einreichen.