- Seite 1: Spekuliert Deepl auf den Google-Exit, Jaroslaw Kutylowski?
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Dass ein Dienst aus Deutschland „besser als Google“ (Paywall) ist, hört man selten. Doch genau so urteilten Fachleute und Journalistinnen schon kurz nach dem Start im Jahr 2017 über Deepl. Sie staunten über die Präzision, die das Tool im Vergleich zur Konkurrenz bei der Übersetzung von Texten schaffte. Die „Konkurrenz“, das sind Tech-Größen wie Google, Microsoft, Facebook oder seit 2018 auch Amazon. Sie alle wollen ihren Nutzerinnen und Nutzern dabei helfen, Sprachbarrieren zu überwinden, als eine Dienstleistung von vielen.
Deepl kümmert sich im Gegensatz dazu nur ums Übersetzen. Der Onlinedienst beherrscht elf Sprachen. Gerade sind Japanisch und Chinesisch als neueste Ergänzungen dazugekommen. Für den Betrieb sind drei Rechenzentren in Deutschland, Island und Finnland notwendig.
Die Entwicklung des Übersetzers erforderte mehrere Jahre Vorlaufzeit: Ein sogenannter Crawler hinter dem werbefinanzierten Deepl-Vorgänger Linguee sammelt seit 2009 zweisprachige Textpaare im Internet und filtert sie nach Qualität. Auf dieser Datengrundlage arbeitet Deepl heute. Das System hinter dem Tool ist selbstlernend. Je mehr Nutzerinnen und Nutzer dort etwas eingeben, desto mehr Wissen kann es abrufen, und desto besser werden zukünftige Ergebnisse. In der kostenfreien Version werden die von den Nutzern eingegebenen Passagen genutzt, um die neuronalen Netze zu trainieren, bei der kostenpflichtigen nicht.
Was hat das Unternehmen noch vor? Steht es etwa vor einer Übernahme? Darüber haben wir mit CEO Jaroslaw Kutylowski bei einem Treffen im neuen Deepl-Büro in Köln-Ehrenfeld gesprochen.
Ja, offiziell. Die Rolle führe ich aber seit Jahren aus, schon beim Deepl-Launch 2017 habe ich die kommerziellen Aspekte verantwortet. Die Formalisierung war längst überfällig, vorher fehlte uns einfach die Zeit. Wir wachsen schnell.
In allen Kategorien. Hauptsächlich geht es aber um die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade bauen wir zum Beispiel unser Vertriebsteam auf. Wir sind jetzt knapp 70 Leute, als wir mit Deepl 2017 gestartet sind, waren wir 20. Das Team wächst jährlich etwa um den Faktor zwei. Das haben wir auch dieses Jahr wieder vor.
Gegründet wurde Deepl als Linguee GmbH 2009 von einem Informatiker und ehemaligen Google-Mitarbeiter. Sowohl seinen Namen als auch sein Gesicht will der Gründer heute nicht mehr in den Medien sehen, auch wenn er im Handelsregister nach wie vor als Hauptgesellschafter gelistet ist und in älteren Berichten weiterhin genannt und zitiert wird. Mitgründer war der studierte Physiker Leonard Fink, der die Firma aber 2012 wieder verließ. Dass sich der Fokus des Unternehmens von Linguee wegbewegt hat, zeigt schon der Firmenname: Die Linguee GmbH heißt seit 2017 Deepl GmbH.
Nicht, dass ich wüsste.
Nein, das müssen wir nicht. Es ist so, dass bei uns kaum Leute gehen. Eigentlich kommt das fast gar nicht vor. Unsere Recruiting-Pipeline ist wirklich gut, deshalb sind wir nicht so aktiv im Headhunting unterwegs. Mir fehlt allerdings der Vergleich zu anderen Unternehmen dieser Größe.
Ich würde sagen, 70 Prozent arbeiten auf technischer Seite, Forschung, Informatik und so weiter mit eingeschlossen. Der Rest sind vor allem administrative Business-Positionen, wir sind nun mal eine Firma, die auch Produkte verkauft. Sprachliche Unterstützung bekommen wir gar nicht mehr viel.
Das ist inhärent mit dem, wie maschinelle Übersetzung heute funktioniert. Die neuronalen Netzwerke brauchen nicht mehr so gigantisch viel Input. Trotzdem haben wir noch ein weltweites Netzwerk an Leuten, die mehrere Sprachen extrem gut beherrschen.
Deepl zerstöre keine Jobs von Übersetzerinnen und Übersetzern, sagte CEO Kutylowski vergangenes Jahr in einem Interview mit der Schweizer Handelszeitung (Paywall). Man beschleunige und vereinfache ihre Arbeit, so der Geschäftsführer.
Sie überprüfen zum Beispiel in Blindtests die Qualität der Texte von Deepl. Wo sind die Übersetzungen gut, wo gibt es noch Probleme?
Das kann man so einfach nicht sagen. Wenn du einen New-York-Times-Artikel nimmst und ihn vom Englischen ins Deutsche übersetzt, hast du mit uns ein bis zwei Fehler im gesamten Text. Oder keinen. Das ist momentan unsere Benchmark. Ich würde sagen, dass Google Translate im selben Text acht bis zehn Fehler macht. Das Ergebnis hängt aber auch von der Qualität des Ausgangstextes ab. Wenn der schlecht geschrieben und fehlerhaft ist, wird auch die Übersetzung tendenziell schlechter.
Nein, das ist nicht unser Anspruch. Ich finde auch, die maschinelle Übersetzung ergibt dort nicht so viel Sinn. Deswegen arbeiten wir nicht daran. Ein Gedicht ist ja nicht so geschrieben, damit es direkt verstanden wird. Da soll etwas anderes ausgelöst werden in den Menschen als reine Information.
Fokus ist schon ein Punkt, und irgendwo auch eine Vision des Unternehmens. Ich glaube, nur so schaffen es Startups letztlich, gegen die ganz großen Firmen anzukommen. Ansonsten haben wir ein sehr gutes Forschungs-, Mathe- und Entwicklungsteam. Und wir arbeiten sehr hart.
Man muss sich das vorstellen wie das Gehirn eines Kindes. Dieses Kind sieht im Laufe seiner Entwicklung viele Sachen, erlebt die Welt und lernt aus den Erfahrungen. Ungefähr so funktionieren auch unsere neuronalen Netzwerke. Sie sehen eine Menge Übersetzungen und lernen, einen Satz auf bestimmte Art und Weise zu übersetzen, wenn er auf bestimmte Art und Weise aufgebaut ist. Es läuft eine mathematische Abfolge ab, die das Modell trainiert. Das macht das Verfahren so generisch: Es kann auf unterschiedliche Sprachen angewendet werden.
Das wird unser Modell auch. Jedes Mal, wenn das Modell ein übersetztes Satzpaar sieht, das wir ihm als Beispiel geben, versucht es zunächst, es auf Basis dessen, was es schon gelernt hat, selbst zu übersetzen. Am Anfang kommt da nur Schwachsinn heraus. Mit der Zeit werden die Ergebnisse immer besser.
Genau. Und da sprichst du einen wichtigen Punkt an. Man will nicht, dass das System auswendig lernt. Das können Computer, anders als wir Menschen, toll. Diese Tendenz muss man ihnen aber mit bestimmten Verfahren abgewöhnen. Sie müssen darauf getrimmt werden, eher zu abstrahieren, es geht um die Fähigkeit, Generelles aus vergangenen und künftigen Informationen abzuleiten.
Das stimmt, deswegen fahren Unternehmen, die autonome Fahrzeuge entwickeln, die ganze Zeit mit ihren Autos herum und sammeln Daten. Da laufen Sensoren mit, man muss Millionen Meilen abspulen, um alles Mögliche einmal gesehen zu haben. Das ist bei uns genauso. Wir brauchen eine Vielzahl an Texten und Übersetzungen, die wir den neuronalen Netzwerken zeigen. Mit Linguee haben wir die schon gesammelt und tun das weiter. Das Internet ist zwar voller Texte, davon sind aber nur wenige übersetzt, und davon ist wiederum das meiste schlecht. Ein Teil unserer Arbeit besteht darin, automatisiert Aussagen darüber zu treffen, welche Übersetzungen gut sind und welche wir den neuronalen Netzwerken zeigen, damit sie von ihnen lernen. Um bei der Analogie vom Kind zu bleiben: Wenn ich ihm schlechte Verhaltensweisen zeige, dann wird es diese übernehmen. Das wollen wir bei unseren Netzwerken vermeiden.
Wahrscheinlich nicht.
Dazu geben wir keine Zahlen raus. Ein sehr großer Teil sind Firmenkunden, wobei man diese Grenze in einem Bereich mit vielen freien Journalistinnen oder Übersetzern nur schwer ziehen kann. Es ist so, dass die meiste Nutzung, auch die der kostenfreien Version, für berufliche Zwecke stattfindet. Für die Kommunikation in der Firma, mit Kunden oder zur Dokumentation.
Als Firmenkunden nennt das Unternehmen unter anderem die Deutsche Bahn, Fujitsu oder Beiersdorf.
Auch darüber sprechen wir nicht.
Unser freier Dienst wächst sehr stark, sodass wir immer mehr Nutzer hinzugewinnen, die auch irgendwann zu Kunden werden sollen. Übrigens schreiben wir seit 2013 schwarze Zahlen. Ich bin ein großer Fan davon, Produkte schnell am Markt zu validieren und zu monetarisieren. So haben wir es bei Deepl-Pro immer gemacht.
Deepls Gewinn nach Steuern (Jahresüberschuss) lag 2016 laut Bundesanzeiger bei knapp 1,3 Millionen Euro, 2017 waren es knapp 1,2 Millionen, 2018 dann noch rund eine Million Euro. Neuere Berichte wurden bisher nicht veröffentlicht.
Nein. Bei der freien Version zählen wir bei den Zugriffszahlen aber monatlich hohe Millionenwerte.
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Kein Kommentar.
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