Die FPÖ rekrutiert rechts außen. Etwa drei Prozent der heimischen Wähler lassen sich mit Deutschnationalismus ködern, sagen Politologen.
Christine Imlinger
Wir sind ein fast reinrassiges Milizbataillon." - "Die heutigen Staatsgrenzen sind willkürlich gezogen. Das deutsche Volkstum muss sich frei in Europa entfalten können." - "Der Judenstaat muss endlich erkennen, dass sich die zivilisierte Staatengemeinschaft von Staatsterroristen nicht länger auf der Nase herumtanzen lässt."
Was diese Aussagen neben der fragwürdigen Wortwahl gemeinsam haben? Die Urheber - Lutz Weinzinger, oberösterreichischer Landesparteiobmann, Martin Graf, Listenzweiter in Wien und Gerhard Kurzmann, steirischer Landeschef - sind allesamt prominente FPÖ-Mitglieder. Und sie alle stellen sich der Wahl zum Nationalrat. Dem Parteiobmann Heinz-Christian Strache dürfe man eine "Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut" sogar öffentlich nachsagen, entschied das Oberlandesgericht Wien im Jahr 2004.
Dass die FPÖ auch den rechten Rand des politischen Spektrums bedient, ist nicht neu. "Der harte Kern (Burschenschafter etc.) ist vor allem als Rekrutierungsbasis wichtig. Ein großer Teil der FPÖ-Entscheidungsebene kommt nach wie vor aus diesem Kern. Im BZÖ teilweise auch - vor allem in Kärnten", erklärt der Innsbrucker Politikwissenschaftler Anton Pelinka im SN-Interview. Das Wählerpotenzial, das sich von deutschnationalem Gedankengut ansprechen lässt, liegt laut Pelinka bei rund drei Prozent. Die Mehrheit der FPÖ-Wähler ist aber nicht deutschnational. Die so genannten Modernisierungsverlierer sind laut Pelinka aber überdurchschnittlich anfällig für rechtsextremes Gedankengut, besonders im Zusammenhang mit Migration. Um die Gunst dieser jungen, weniger gut ausgebildeten Männer, die 1999 und 2002 überproportional in der FPÖ-Wählerschaft vertreten waren, rittern FPÖ und BZÖ auch heuer. "Aussprüche, die den NS-Staat verharmlosen, sind den Modernisierungsverlierern egal - sie werden offenbar aber auch nicht davon abgeschreckt", meint Pelinka.
Der Vizeklubobmann der Grünen, Karl Öllinger, bezeichnet die aktuelle FP-Liste als "Aufmarsch von Burschenschaftern, ergänzt um ein Damenkränzchen". Öllinger schließt eine Zusammenarbeit mit den "Personen mit den verunstalteten Gesichtern" absolut aus. Aussagen wie die von Kurzmann ("Judenstaat") oder der kurzzeitige, an den SS-Spruch angelehnte Werbeslogan des Kärntner Rings Freiheitlicher Jugend ("Unsere Ehre ist die Treue zur Heimat") sind Öllinger dafür Grund genug.
Eine großer Aufschrei bleibt in Österreich aus, wenn einschlägig gefärbte Aussagen von Politikern fallen. Laut Pelinka gibt es in Österreich weit weniger Sensibilität bezüglich der NS-Vergangenheit als in Deutschland: "Die Ursache liegt sicher darin, das sich Österreich nach 1945 als Opfer des Nationalsozialismus gesehen hat und auch von der Welt weitgehend als solches akzeptiert wurde". In Deutschland sei es unmöglich, dass jemand Ministerpräsident werde , der mit Aussagen wie Haider aufgefallen sei.
Einer, der für ein Gutteil von Haiders Skandalaussagen als Gag- und Redenschreiber verantwortlich war, kandidiert heute auf Platz drei der FPÖ-Bundesliste: Herbert Kickl. Er soll auch maßgeblich für den Wiener Wahlkampf 2005 verantwortlich gewesen sein, in dem die Strache-FP mit Slogans wie "Deutsch statt nix verstehen" oder "Pummerin statt Muezzin" geworben hat. "Der Österreich-Patriotismus hat bei manchen auch fremdenfeindliche und Anti-EU-Töne", analysiert Pelinka. Nach 1945 sei er die Antithese zum Deutschnationalismus gewesen. "Sowohl Strache als auch Haider versuchen, sich als österreichische Patrioten zu positionieren, gleichzeitig aber den deutschnationalen Kern zu halten."
Deutschnationale Österreich-Patrioten Diesem "Kern" dürfte es gefallen, dass sich zum Beispiel der Innsbrucker Spitzenkandidat Franz Werner Königshofer, ein ehemaliges Mitglied der seit 1988 verbotenen NDP (Nationaldemokratische Partei), im Internet "Königstiger" nennt. Neben der gestreiften Raubkatze bezeichnet "Königstiger" auch einen der stärksten Panzer der deutschen Wehrmacht im "Dritten Reich".
Den harten Kern dürfte es auch nicht stören, dass Volksanwalt Ewald Stadler wieder für die FPÖ kandidiert. "1945 - und das ist zur Staatsideologie geworden - sind wir angeblich vom Faschismus und der Tyrannei befreit worden", sagte der Burschenschafter bekanntermaßen als "Feuerredner" bei einer Sonnwendfeier der Familie Rosenkranz. Die Gastgeberin, Barbara Rosenkranz, steht auf Platz zwei der Bundesliste. Ihr Mann, Horst Jakob Rosenkranz, war in der NDP aktiv und gibt heute die Zeitschrift "fakten" heraus, die das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) als rechtsextrem einstuft. Die FP-Kandidatin sieht in den Aktivitäten ihres Mannes "nichts Ehrenrühriges".
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