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Motorsport-GeschichteFalsche Silberpfeil-Legende?

Der Legende nach soll der Mercedes-Benz W25 ursprünglich weiß lackiert gewesen sein. Mit seinen 751 Kilogramm wäre er vor seinem ersten Rennen in der Eifel 1934 ein Kilogramm zu schwer gewesen. Um Gewicht zu sparen, sollen die Mechaniker den Lack abgeschliffen haben. So entstand der "Silberpfeil", der das Rennen gewann. Jetzt sind Bilder gefunden worden, die diese Legende widerlegen.

Große Rennsportgeschichte präsentiert das neue Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart seit einem Jahr. Und verkündet auch Legenden als historische Tatsache: nämlich den Mythos vom ersten "Silberpfeil". Beim Eifelrennen am 3. Juni 1934 war der silberne Mercedes-Benz W25 auf Anhieb siegreich. Doch angeblich nur, weil man in der Nacht vor dem Rennen den weißen Lack abgekratzt hat. So sagt es der Konzern – und so glaubt es der Museumsbesucher gern.

Übergewicht

Doch die Legende vom Lackabkratzen ist erst 24 Jahre nach jenem Eifelrennen von Mercedes-Benz-Rennleiter Alfred Neubauer aufgebracht worden. 1958 in seinen Memoiren. 751 Kilogramm hätte Neubauer zufolge der weiße Mercedes-Benz gewogen. Ein Kilo zuviel, laut Regelwerk der 750-Kilogramm-Rennformel.

Abspecken

Der Fahrer Manfred von Brauchitsch hätte am Sonntag – laut Neubauer – gar nicht starten dürfen und siegen können. Doch dank der genialen Eingebung ihres Rennleiters kratzten die Mechaniker in der Nacht vor dem Eifelrennen den weißen Lack ab. So soll aus dem weißen Rennwagen der "Silberpfeil" geworden sein. Manfred von Brauchitsch hatte diesen "Farbwechsel" zuvor nie erwähnt, bestätigte Neubauers Erzählungen jedoch im Jahr 1964.

Keine Belege

Immer wieder ist Neubauers Story vom Abkratzen des weißen Lacks als "Geburtsstunde der Silberpfeile" glorifiziert worden. Doch für einen angeblichen Farbwechsel von weiß auf silber in der Nacht vor dem Eifelrennen gibt es keinen einzigen zeitgenössischen Bericht oder Bildbeweis.

Im ADAC-Archiv in München findet sich jedoch die Ausschreibung für jenes Eifelrennen. Und siehe da: Das Rennen wurde nach Hubraumklassen gefahren, aber nicht nach der 750-Kilogramm-Formel. Es gab also beim Eifelrennen 1934 gar kein Gewichtslimit von 750 Kilo.

Bilder von der Abnahme der Fahrzeuge am Samstag vor dem Eifelrennen zeigen, dass die Rennwagen von Mercedes-Benz mit Reifen gewogen wurden. Wenn wirklich nach der 750-Kilo-Formel gefahren worden wäre, hätten die Mechaniker laut Reglement beim Wiegen die Reifen abmontieren dürfen. Das wäre einfacher gewesen, als über Nacht den Lack abzukratzen. Die Story von Neubauer klingt angesichts des Regelwerks sehr unwahrscheinlich.

Gegen die Regeln

In der Ausschreibung des Eifelrennens heißt es ohnehin: "Während des Trainings müssen die Fahrzeuge in der für das Rennen vorgesehenen Ausrüstung (mit Startnummern) fahren." Das heißt: Ein Wechsel von weiß auf silberne Farbe wäre ein Grund zur Disqualifikation gewesen. Konsequenz: Die Mercedes-Benz müssen laut Regelwerk also schon im Training zum Eifelrennen silbern gewesen sein!

Schon früher silbern

So wie bereits eine Woche zuvor auf der Berliner AVUS, wie Bilder aus dem Archiv des zeitgenössischen Berufsfotografen Heinz von Perckhammer zeigen. Auf Bildern von der Berliner AVUS sind die Mercedes-Benz jedoch silbern und nicht weiß, bestätigt Renate Erhart, die Verwalterin des Heinz von Perckhammer-Archivs.

Die deutsche Konkurrenz von Mercedes-Benz, die Auto Union, startete übrigens auf der AVUS 1934 – in silber! Ebenso klar ist, dass der allererste "Silberpfeil" von Mercedes-Benz bereits 1932 beim Internationalen AVUS-Rennen startete. Der Stromlinien-SSKL siegte mit Manfred von Brauchitsch am Volant – ebenfalls ohne dass weißer Lack vor dem Rennen hätte abgekratzt werden müssen.

Autor: Eberhard Reuß/ Bearbeitung: Gary Siemund

Letzte Änderung am: 15.06.2007, 14.23 Uhr

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