Bombenentschärfung: Monster-Bombe lag neben​ Wohngebiet​

+++ Um 22.30 Uhr begann die Evakuierung +++ 500 Retter im Einsatz

Bombenentschärfung: Monster-Bombe lag neben​ Wohngebiet​

Nach dem Freilegen der Bombe am Nachmittag wird klar: Sie ist höchst gefährlich​

Foto: Eberhard Wedler

Seelze – Sie bereitete 14 000 Menschen eine schlaflose Nacht. Die Monster-Bombe von Seelze!

Die ganze Stadt und drei Dörfer mussten Montagabend so schnell wie möglich evakuiert, Pflegeheime geräumt, der Bahnverkehr gesperrt werden. Grund: Der Fund eines brandgefährlichen 2-Tonnen-Blindgängers mit 1500 Kilo Sprengstoff!

Nur 150 Meter von​ diesem Wohngebiet lag der Riesen-Sprengsatz

Nur 150 Meter von​ diesem Wohngebiet lag der Riesen-Sprengsatz

Foto: Eberhard Wedler

DAS PROTOKOLL DES BOMBEN-EINSATZES:​

► 17 Uhr. Bei Sondierungsarbeiten im Neubaugebiet Seelze-Süd haben Experten den zwei Tonnen schweren Kracher freigelegt: in 2,20 Metern Tiefe auf einem Acker, nur 200 Meter von der DRK-Kita entfernt!​

► 18.40 Uhr. Krisensitzung von Feuerwehr, Stadt, Polizei, Kampfmittelräumern. Die Bombe ist so gefährlich, dass sie noch in der Nacht entschärft werden soll.​

Teaser-Bild

Foto: Eberhard Wedler

► 19.30 Uhr. Der Evakuierungsradius steht fest: 2 Kilometer. Damit ist fast ganz Seelze betroffen, Döteberg, Harenberg, Almhorst.​

► 20 Uhr. Das Personal in Pflegeheimen bereitet die Bewohner auf die Evakuierung vor. Aus umliegenden Dörfern werden Freiwillige Feuerwehren und Rettungsdienste alarmiert. 130 Bereitschaftspolizisten aus Braunschweig rücken an, sollen alle 14 000 Bewohner aus ihren Häusern holen.​

Gespenstische Szenerie nachts auf dem Acker am Wieskamp: Ein Bagger legt an der ausgeleuchteten Grube die Bombe ganz frei​

Gespenstische Szenerie nachts auf dem Acker am Wieskamp: Ein Bagger legt an der ausgeleuchteten Grube die Bombe ganz frei​

Foto: Eberhard Wedler

► 20.20 Uhr. Auch die Chemiefabrik Honeywell liegt im Radius. Dort laufen chemische Prozesse, die nicht unterbrochen werden können. 60 Mitarbeiter bleiben deshalb im Werk.​

► 21 Uhr. Bürgermeister Detlef Schallhorn erläutert den Ablauf der Entschärfung, spricht von "einer riesigen logistischen Herausforderung". Bundesstraßen, die Ost-West-Bahnstrecke und auch der Mittellandkanal müssen gesperrt werden.​

Sprengmeister Marcus Rausch

Sprengmeister Marcus Rausch

Foto: Eberhard Wedler

► 22.30 Uhr. Straßenzüge werden abgeriegelt, Polizisten klingeln Anwohner zum Teil aus dem Schlaf.​

► 23.30 Uhr. Krankenwagen, Busse bringen Evakuierte in Notquartiere.

Kampfmittelräumer marschieren mit Werkzeug zum Blindgänger​

Kampfmittelräumer marschieren mit Werkzeug zum Blindgänger​

Foto: Eberhard Wedler

► 24 Uhr. Die Bomben-Räumer bereiten sich vor.

► 5.30 Uhr: Die Bombe wurde entschärft.

Wie Seelze die Bomben-Nacht erlebte

Die Bombe von Seelze ist eine „Englische Großladungsbombe" vom Typ HC 4000, von den Briten „Cookie" genannt. Sie hatte u.a. das Ziel, ganze Straßenzüge zu vernichten.

Damit sie auf jeden Fall explodiert, wurden extra drei Aufschlagzünder an der Unterseite angebracht. Eine Sprengexperte: "Bei einer Explosion wäre im Umkreis von 1000 Metern alles zerstört. Sie sollte die Dächer abdecken, dann hätte es Phosphorbomben gehagelt."

Selbst in den Kellern waren die Menschen vor den Killer-„Cookies nicht sicher, da ihre Druckwelle die Lungen zerriss.​

Sie wurde auf Seelze geworfen, um die Chemiefabrik Riedel de Haën, die damals auch für die Rüstungsindustrie produzierte, und den Rangierbahnhof zu treffen.​

Der dritte brisante Fund in Hannover​

Die Monsterbombe – drei Mal wurden in den vergangenen 14 Jahren solche Riesen-Sprengsätze im Raum Hannover entdeckt!​

Im April 2000 steckte eine 36-Zentner-Bombe in einem Rübenacker bei Lengede. Die Polizei räumte drei Dörfer, die Entschärfer drehten die drei Zünder mit einer Zange heraus – nach 25 Minuten war alles gelaufen...​

Anders im Sommer 2003: Da lag ein Zwei-Tonnen-Kawenzmann auf dem Gelände einer Misburger Entsorgungsfirma. Dieser Blindgänger konnte nicht entschärft werden, weil alle drei Zünder abgebrochen waren.​

Sie wurde in einem Spezialfahrzeug zur Mergelgrube gebracht, versenkt, gesprengt. 15 000 Menschen mussten damals ihre Wohnungen verlassen.​

Die Fontäne, die bei der Sprengung aus dem See schoss, war 200 Meter hoch. Gesteinsbrocken aus dem Wasser wurden bis zu 100 Meter weit geschleudert.​

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